Unser Sharkproject Report 07/2021 befasste sich mit dem Thema „Das AUS für den Kurzflossen Makohai im Atlantik?“
22. August, 2021
Das AUS für den Kurzflossen Makohai im Atlantik?
In unserem Video informierten wir euch:
- Wie der aktuelle Stand dieser Art ist
- Warum die EU und USA den Kurzflossen Makohai zum funktionalen Aussterben verurteilt haben SHARKPROJECT Report 07/2021
Im Folgenden möchten wir euch noch Fragen beantworten, die nach dem Webinar an uns gestellt wurden – bitte beachtet auch unserem Hilferuf am Ende des Textes.
Warum wird der Makohai durch CITES nicht ausreichend geschützt?
Der Makohai ist seit 2019 auf CITES Appendix II (Washingtoner Artenschutzabkommen) gelistet. Daher darf ein internationaler Handel mit dieser Art nur noch erfolgen, wenn die "Entnahme" aus der Natur nachhaltig erfolgt und den Bestand der Art in einer bestimmten Region nicht negativ beeinträchtigt.
Beim Export muss daher vom exportierenden Land zwingend ein sog. Non Detriment Finding (NDF) erstellt werden. Zudem gilt auch die Anlandung in europäischen Häfen als solch ein "Export", wenn die Tiere in der Hochsee gefangen wurden und in der EU muss dann ein NDF für diesen "import from the sea" erstellt werden.
Die Scientific Review Gruppe (SRG), die hierfür verantwortlich ist hat richtig reagiert und im Dezember 2020 eine negative Entscheidung für den Import von Kurzflossenmakohai aus dem Nordatlantik getroffen. Allerdings zweifelt DG Mare diese Entscheidung an und meint, dass die SRG Meinung sich ändern werde, weil die EU ja durch die einseitige Einführung einer maximalen Anlandemenge von 288 Tonnen für 2021 aus dem Nordatlantik Vorsorge für den Bestandserhalt getroffen habe.
So gibt es nun eine einseitige TAC (Total Allowable Catch) der EU trotz negativer Entscheidung des SRG und trotz erfolgtem Anlandeverbot in spanischen Häfen und portugiesischen Häfen für Makohai aus der Hochsee des Nordatlantiks.
Da sowohl das Fleisch als auch die Flossen hohe Preise erzielen und Makohai auch in großem Stil konsumiert wird hat die Fischerei natürlich ein Interesse daran diesen Profit auch weiterhin mitzunehmen und lehnt daher das Anlandeverbot für tote Haie strikt ab.
Zum Vergleich: Blauhai wird auf den Großhandelsmärkten verramscht, Makohai ist mit 20 EUR/kg dagegen wertvoll. Die EU Langleinen-Flotte im Atlantik fängt gezielt Blauhai und Schwertfisch und setzt daher sog. shark wires (Stahlvorfächer) ein. Dieses Fanggerät verhindert, dass sich die Haie selbst befreien und die Leinen abreißen können. Der Makohai darf zwar offiziell nicht gefangen werden, ist aber natürlich ein bei den Fischern "gern gesehener Beifang“, zumal er angelandet und verkauft werden darf so fern die Tiere bereits tot sind, wenn die Leinen eingeholt werden.
Und überraschenderweise sind dann bei der EU Flotte alle Tiere immer tot und werden angelandet während z.B.: Kanada erstens viel weniger Makohaibeifang hat, weil sie sog. Monofilamentleinen in Ihrer Flotte verwenden und keine shark wires und zweitens alle Makohaie wieder freilässt - tot oder lebendig - und seither eine steigende Anzahl von lebend freigelassenen Tieren verzeichnet.
Besteht irgendwo die Möglichkeit, gegen den Handel mit dieser geschützten Art zu klagen?
Nur wenn eine Art auf CITES Appendix I gelistet ist darf diese überhaupt nicht international gehandelt werden; allerdings verbietet CITES nicht den Fang, sondern nur den internationalen Handel. Daher kann auch eine so geschützte Art weiterhin gefangen und national gehandelt werden - wobei der Fang in der Hochsee / internationalen Gewässern allerdings ein „Introduction from the sea“ erfordert da das dann internationaler Export/Import gilt.
CITES Appendix II limitiert den Handel nur auf nachhaltig entnommene Tiere, aber aus Erfahrung wissen wir, dass weltweit noch immer viele Nationen oftmals auch NDFs für gelistete Arten ohne größere Überprüfung ausstellen.
Diesbezüglich ist das Verfahren der EU definitiv besser - kann aber wie im Fall vom Mako dennoch unterlaufen werden. Wie am Beispiel Portugal ersichtlich nehmen die Anlandungen an Mako insgesamt nicht ab, obwohl dort der import from the sea jetzt verboten ist denn jetzt wird einfach aller Mako der angelandet wird als innerhalb der Hoheitsgewässer (EEZ) gefangen deklariert und somit CITES und das nationale Anlandeverbot ausgehebelt.
Zudem kann auch Mako aus dem Südatlantik nach wie vor angelandet werden, weil hierfür das SRG noch keine Entscheidung getroffen hat - und ob der Hai nun wirklich im Südatlantik oder doch im Nordatlantik gefangen wurde ist oftmals nicht nachvollziehbar, da sowohl Spanien als auch Portugal in beiden Regionen fischen, oftmals sogar mit den gleichen Schiffen.
Prinzipiell könnte man aber bei CITES gegen das Verhalten der EU Staaten und der USA klagen, denn durch die wiederholte Aufschiebung des kompletten Anlandeverbotes wird seit 2017 einen effektiven Schutz für diese bedrohte Art verhindert. Und tatsächlich ist gegenüber CITES jedes einzelne Land verantwortlich und eine Klage hätte daher wahrscheinlich auch Erfolg – aber ein solches Verfahren würde Jahre dauern und die hat diese Art zumindest im Nordatlantik leider nicht mehr - und auch im Süden wird es bald ähnlich aussehen.
Wie kann hier eine Überprüfung stattfinden, wo tatsächlich gefischt wurde?
Durch Fischereibeobachter. Die Beobachterquote auf Schiffen im Atlantik ist aber im Durchschnitt für die Langleinenfischerei lediglich 5 %!
Laut ICCAT Regelung 19-06 müssen zwar alle Schiffe über 12 m Länge immer einen Beobachter an Bord haben oder über ein elektronisches Überwachungssystem verfügen, wenn sie Makohaie an Bord behalten wollen. So soll sichergestellt werden, dass nur tote Tiere an Bord geholt und dann später angelandet werden, während die noch lebenden Tiere gemäß der Regelung freizulassen sind.
Bei den gemeldeten Anlandemengen (für 2020 über 1000 Tonnen) an Mako alleine durch die EU Flotte und einer derart niedrigen Beobachterquote ist es sehr fraglich, wie die Forderungen der Regelung 19-06 in der Realität aussehen. Entweder fangen die wenigen Boote, die tatsächlich einen Beobachter an Board haben gezielt Makohaie oder man hält sich nicht an die Regelung, dass ein Beobachter an Bord sein muss und im Hafen wird nicht überprüft, ob tatsächlich ein Beobachter an Bord war / ist, wenn ein Schiff Makohaie anlandet?
Auch für die Überprüfung wo wirklich gefischt wird, wäre eine elektronische Überwachung sämtlicher Fangaktivitäten wichtig - aber die gibt es de facto immer noch nicht, sondern befindet sich lediglich auf einigen Schiffen im Teststadium. Lediglich über VMS (Vessel Monitoring System) oder AIS (Automatic Identification System) lässt sich feststellen, wo ein Schiff wann war, sofern diese Systeme lückenlos eingeschaltet sind.
Aber auch dann weis man nicht welcher Fisch / Hai wo an Bord genommen wurde - und ob er tatsächlich tot war oder doch noch gelebt hat.
Was fordert nun die Wissenschaft?
Einen Retention Ban/ Anlandeverbot. Dieser Retention Ban ist tatsächlich sogar mehr, nämlich ein Rückhalteverbot. Dies heißt, dass jede Makohai der an der Leine/Haken hängt sofort freigelassen werden muss - tot oder lebendig - und gar nicht erst an Bord geholt werden darf, sondern die Leinen möglichst knapp am Maul des Tieres zu kappen sind.
Sollten doch Tiere an Bord geholt worden sein, müssen diese umgehend wieder ins Meer zurückgeworfen werden, selbst wenn sie bereits tot sind. Lebende Tiere müssen möglichst schonend freigelassen werden. Es darf auch kein Teil des Tieres an Bord behalten und entsprechend auch weder ganze Tiere noch Teile wie z.B. Flossen angelandet werden. Die EU ist aber gegen einen solchen retention ban und sagt, dass es nicht die Befugnis der Wissenschaftler sei, sondern das Recht der Manager sein müsse zu entscheiden welche Maßnahmen umgesetzt werden. Interessanterweise wurde aber genau solch ein retention ban in der Vergangenheit für viele andere bedrohte Haiarten bereits durchgesetzt - aber deren Fleisch ist eben weniger interessant für den Handel insbesondere in Bezug auf die Menge, als das für den Makohai der Fall ist.
Was können wir nun tun?
Bringt möglichst viele Politiker, Entscheidungsträger und andere Organisationen dazu einen Retention ban zu unterstützen und macht das Thema innerhalb der EU so breit als möglich bekannt.
Dabei muss betont werden, dass es sich hierbei um ein Artenschutzproblem handelt und es daher nicht alleine DG Mare und den Fischereiministerien obligen darf diese Entscheidung zu treffen. Wir müssen daher auch Druck in Brüssel machen, damit das Thema an höchster Stelle auf die Agenda kommt. Deutschland und die Niederlande unterstützen als Mitglieder der zuständigen Ratsarbeitsgruppe der EU bereits den retention ban. Dies reicht jedoch längst noch nicht aus und möglichst viele andere EU Staaten müssen sich hier ebenfalls noch entsprechend positionieren. Und natürlich wollen wir auch die Unterstützung der anderen ICCAT Mitgliedsstaaten für einen retention ban beim kommenden Commission Meeting des ICCAT im November und bereits vorher beim nächsten Intersessional Meeting im Oktober - damit der Mako vielleicht doch noch eine Chance hat ...
Hilferuf
Wer Kontakt zu entsprechenden Politikern (Bundestagsfraktion, EU Abgeordnete, aber auch Lokalpolitiker und Landtagsabgeordnete ...) hat, nimmt bitte mit uns Kontakt auf, um einen Kontakt mit diesem herzustellen, damit SHARKPROJECT dann die Problematik erklären und für Unterstützung werben kann.
Und bitte informiert auch Händler darüber, dass beim Fang von Schwertfisch und teils auch von Thunfisch bedrohter Makohai als Beifang betroffen ist ... und oftmals sogar also "Schwertfisch" auf dem Teller landet.
Viele wissen davon nichts. Vielen Dank!