Willkommen zurück bei unserer Posting-Reihe zur SHARKPROJECT Kampagne „Ohne Dich Geht’s Nicht“.
3. November, 2021
Worin liegt die Bedeutung der Haie, worin ihr Wert?
Unser Ziel ist es auf allen möglichen Wegen Haie zu schützen – ganz aktuell durch die Unterstützung der EU-Bürgerinitiative „Stop Finning – Stop the Trade“.
Für manchen mag sich die Frage stellen, warum Haie denn überhaupt schützenswert sind. Warum haben sie unsere Aufmerksamkeit verdient? Worin liegt die Bedeutung der Haie, worin ihr Wert?
Dies zu beantworten liegt in der Natur jedes einzelnen. Viele denken hier an die essenzielle Rolle der Haie für das Gleichgewicht unserer Ozeane, einige denken an spannende Tauchgänge, wieder andere können vielleicht gar keinen konkreten Grund für ihre Faszination mit dem Thema Hai benennen. Für viele haben Haie einen intrinsischen Wert als Teil der Lebensgemeinschaft unseres Planeten, etwas, was ihnen a priori eine große Bedeutung zuspricht.
Die Fischerei-Industrie beantwortet die Frage nach dem Wert der Haie meist so: Hai = Profit. Sei es durch den Verkauf von Flossen oder Fleisch – der Hai ist eine Ressource, die auf dem nächsten Fischmarkt besser aufgehoben ist als im Meer. Dabei erzielen oft nur die getrockneten Flossen Höchstpreise [1]. Hai-Fleisch wird eher günstig angeboten, oft unter 10 € pro Kg für Kurzflossen-Mako-Steaks (Isurus oxyrinchus) in europäischen Supermärkten [2]. In tropischen Regionen findet man Hai-Fleisch oft nochmal günstiger; so liegt der Durchschnittspreis auf den Malediven für einen Grauen Riffhai (Carcharhinus amblyrhynchos) bei weniger als 30 € für den gesamten Körper [3].
Der wachsende globale Markt für Hai-Flossen und Hai-Fleisch hat – in Kombination mit Beifang, Meeresverschmutzung und Klimawandel – zu einem Zusammenbruch vieler Hai-Populationen gesorgt [4]. Dazu kommen die biologischen Gemeinsamkeiten der Haie mit ihrem langsamen Wachstum, der späten Geschlechtsreife und ihrem niedrigen Reproduktionspotential [5]. Oft fischen wir Haie schneller aus dem Wasser, als sie Nachkommen erzeugen können. Von Nachhaltigkeit fehlt meist jede Spur. Die Konsequenzen sind bereits jetzt deutlich spürbar.
Langsam ändert sich jedoch unsere Einstellung zum Thema Hai als Ressource. Dabei bleibt das Tier immer noch ein Produkt, jetzt kommt es allerdings als Bild in die Hochglanzbroschüren von Tauchcentern und Safari-Anbietern, nicht mehr auf den Teller. Immer mehr Regionen der Welt erkennen, dass lebendige Haie viel mehr wert sind als tote [6]. Allerdings geht es hier nicht in erster Linie um den Erhalt von Nahrungsnetzen oder gesunden Riffen, sondern Geld – sehr viel Geld sogar. Der Hai-Tourismus ist eine schnell wachsende Branche, die jedes Jahr einen Millionen-Gewinn macht. Diese Einnahmen kommen nicht nur den Betreibern der Tauchunternehmen zugute, sondern oft der gesamten Gesellschaft. Der verstärkte Tourismus generiert Einnahmen, die für verbesserte Infrastrukturen und einen ökonomischen Aufschwung gesamter Regionen sorgt. Dabei bietet er einen Anreiz, Hai-Populationen sowie ihre Aufenthaltsorte zu schützen. Beispiele auf der ganzen Welt zeigen, dass ein nachhaltiger und durchdachter Hai-Tourismus gut für alle Beteiligten ist [7].
Malediven – Tauchen statt Fischen
Der Inselstaat Malediven ist für endlos weiße Strände, spektakuläre Sonnenuntergänge und eben auch für Tauchen mit verschiedensten Riffhaien, Walhaien (Rhincodon typus) und Mantas (Mobula sp.) bekannt. Der Tourismus-Sektor wächst und wächst, meist getrieben durch die Tauchbranche. 2014 betrug der Anteil am Bruttoinlandsprodukt knapp unter 30% und war damit die treibende Wirtschaftskraft des Landes [8]. Bereits früh hatte die Regierung der Malediven den Wert ihrer marinen Ressourcen erkannt und 2010 ein komplettes Haifangverbot erlassen [9]. Die Malediven waren damit eines der ersten Länder die die Fischerei beschränkten um den Tourismus zu fördern.
Anfang des Jahres 2021 kam dann der Schock – das zuständige Ministerium für Fischerei, Marine Ressourcen und Landwirtschaft überlegte, das Verbot zu liften, um potenzielle Einnahmequellen zu erschließen. Was folgte war ein Aufschrei der Tauchgemeinschaft, Reiseanbieter und Naturschutzorganisationen. SHARKPROJECT berichtete... Kurz darauf wurde der Plan durch die Regierung verworfen, das ursprüngliche Fangverbot blieb in Kraft.
Bereits 2009 schätzten Studien den Wert eines lebenden Grauen Riffhais (C. amblyrhynchos) auf 100x höher ein als den einmaligen Verkaufswert eines angelandeten Tieres [9]. Aktuellere Studien gehen, dank des stetig wachsenden Tauchsektors, nun von wesentlich höheren ökonomischen Werten aus [10]. Dieser Tatsache ist es wohl geschuldet, dass Haie in den Malediven weiterhin offiziellen Schutz genießen.
Palau – Das Vorzeigekind des Haischutzes
Noch vor den Malediven rief Palau das erste „Shark Sanctuary“ der Welt ins Leben. Der kleine Inselstaat im Pazifik erkannte frühzeitig die Bedeutung der Haie – sowohl aus ökologischer und ökonomischer Sicht. Die flachen Riffe, beschützt vor den starken Strömungen des offenen Ozeans, sind die Heimat für unzählige Rifffische, Schildkröten, Meeressäuger – und geschätzten 140 Hai- und Rochen-Arten. Besonders häufig findet man hier die recht standorttreuen Grauen Riffhaie (C. amblyrhynchos), Leopardenhaie (Triakis semifasciata) und Weißspitzen Riffhaie (Triaenodon obesus). Gut für Tauchanbieter, die jedes Jahr tausende Touristen zu dem Insel-Paradies bringen. Und gut für die Haie, denn Palau verbot 2009 jegliche kommerzielle Haifangaktivität in seiner ausschließlichen Wirtschaftszone angesichts der stetig wachsenden legalen und illegalen Fischerei durch eine überwiegend chinesische Fangflotte [11]. Damit gab der winzige Inselstaat den Anstoß für den Hai-Schutz – die Malediven und einige weitere Länder inklusive Honduras und Tokelau folgten dem Beispiel und implementierten weitreichende Fangverbote vor ihren Küsten.
Auch in Palau trägt der Tauch-Tourismus wesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung bei. Immer mehr Länder erkennen, dass lebendige Haie gewinnbringender sind als tote. Touristen sind oft bereit ein Premium zu bezahlen, um in Nationalparks zu tauchen – im Idealfall geht dieses Geld direkt dem Schutz der Meere zu Gute [6].
Die anfänglich so merkwürde Frage nach dem ökonomischen Wert eines lebendigen Hais lässt sich also ganz einfach beantworten – jede Menge Geld, Arbeitsplätze und wirtschaftlicher Aufschwung. Auch die Haie profitieren durch designierte Schutzzonen und oftmals verstärkten Artenschutz. Doch wie so oft hat jede Medaille zwei Seiten. Denn nicht immer steht das Wohl des Tieres in Vordergrund. Ein plakatives Beispiel hierfür war die Region Oslob auf den Philippinen. Walhaie (Rhincodon typus) wurden dort täglich mit gefrorenen Garnelen angefüttert um Schnorchlern eine Attraktion zu bieten. Der Paukenschlag kam, als Bilder in den sozialen Netzwerken auftauchten, worauf ein Walhai sogar festgebunden wurde. Für die Anwohner war das Spektakel kurzfristig ein finanzieller Segen, für die Haie ein Leben mit Mangelernährung, Verletzungen und verändertem Verhalten [12]. Bereits vor eingen Jahren wurde das Schnorcheln mit den Walhaien in Oslob nun strikt reguliert und die Anzahl der erlaubten Boote stark limitiert. Ausfahrten sind nur noch früh morgens erlaubt und die Anzahl der Teilnehmer begrenzt. Wer einem Hai zu nahe kommt, oder ihn gar berührt ist raus. Trotz dieser Regulationen ist es immer noch ein touristisches Spektakel, bei dem es lediglich um schnelles Geld geht.
In unserem letzten Blog-Post für dieses Jahr – keine Sorge, nächstes Jahr geht es selbstverständlich weiter – dreht sich alles um das Thema…? Schaut einfach vorbei – wir haben noch ein paar Vorweihnachtsüberraschungen auf Lager. Stay tuned!
Deine Stimme für den Hai-Schutz. Unterschreibe > HIER < die Bürgerinitiative „Stop Finning – Stop the Trade“ für ein EU-weites Handelsverbot mit losen Hai-Flossen. Ohne Dich Geht’s Nicht!
Quellenangaben
[1] Clarke, S., Milner-Gulland, E. J., & Bjorndal, T. (2007). Social, Economic, and Regulatory Drivers of the Shark Fin Trade. In Marine Resource Economics (Vol. 22, Issue 3, pp. 305–327). University of Chicago Press. https://doi.org/10.1086/mre.22.3.42629561
[2] https://www.sharkproject.org/schillerlocke-und-mehr-hai-incognito-so-kannst-auch-du-aktiv-zum-haischutz-beitragen-und-das-ganz-einfach-von-zuhause-aus/
[3] Anderson, C., & Waheed, A., (2001). The economics of shark and ray watching in the Maldives. Newsletter of the IUCN shark specialist group (Shark News Vol. 13)
[4] Worm, B., Davis, B., Kettemer, L., Ward-Paige, C. A., Chapman, D., Heithaus, M. R., Kessel, S. T., & Gruber, S. H. (2013). Global catches, exploitation rates, and rebuilding options for sharks. In Marine Policy (Vol. 40, pp. 194–204). Elsevier BV. https://doi.org/10.1016/j.marpol.2012.12.034
[5] Dulvy, N. K., Fowler, S. L., Musick, J. A., Cavanagh, R. D., Kyne, P. M., Harrison, L. R., Carlson, J. K., Davidson, L. N., Fordham, S. V., Francis, M. P., Pollock, C. M., Simpfendorfer, C. A., Burgess, G. H., Carpenter, K. E., Compagno, L. J., Ebert, D. A., Gibson, C., Heupel, M. R., Livingstone, S. R., … White, W. T. (2014). Extinction risk and conservation of the world’s sharks and rays. In eLife (Vol. 3). eLife Sciences Publications, Ltd. https://doi.org/10.7554/elife.00590
[6] Torres, P., Bolhão, N., Tristão da Cunha, R., Vieira, J. A. C., & Rodrigues, A. dos S. (2017). Dead or alive: The growing importance of shark diving in the Mid-Atlantic region. In Journal for Nature Conservation (Vol. 36, pp. 20–28). Elsevier BV. https://doi.org/10.1016/j.jnc.2017.01.005
[7] Gallagher, A. J., & Hammerschlag, N. (2011). Global shark currency: the distribution, frequency, and economic value of shark ecotourism. In Current Issues in Tourism (Vol. 14, Issue 8, pp. 797–812). Informa UK Limited. https://doi.org/10.1080/13683500.2011.585227
[8] Statistics and Research Section, Ministry of Tourism Republic of Maldives Tourism Yearbook 2017 Ministry of Tourism, Maldives (2017) http://www.tourism.gov.mv/downloads/2014dec/tourism%20year%20book%202014.pdf
[9] Zimmerhackel, J. S., Rogers, A. A., Meekan, M. G., Ali, K., Pannell, D. J., & Kragt, M. E. (2018). How shark conservation in the Maldives affects demand for dive tourism. In Tourism Management (Vol. 69, pp. 263–271). Elsevier BV. https://doi.org/10.1016/j.tourman.2018.06.009
[10] Cagua, E. F., Collins, N., Hancock, J., & Rees, R. (2014). Whale shark economics: a valuation of wildlife tourism in South Ari Atoll, Maldives. In PeerJ (Vol. 2, p. e515). PeerJ. https://doi.org/10.7717/peerj.515
[11] Vianna, G. M. S., Meekan, M. G., Pannell, D. J., Marsh, S. P., & Meeuwig, J. J. (2012). Socio-economic value and community benefits from shark-diving tourism in Palau: A sustainable use of reef shark populations. In Biological Conservation (Vol. 145, Issue 1, pp. 267–277). Elsevier BV. https://doi.org/10.1016/j.biocon.2011.11.022
[12] Ziegler, J. A., Silberg, J. N., Araujo, G., Labaja, J., Ponzo, A., Rollins, R., & Dearden, P. (2018). A guilty pleasure: Tourist perspectives on the ethics of feeding whale sharks in Oslob, Philippines. In Tourism Management (Vol. 68, pp. 264–274). Elsevier BV. https://doi.org/10.1016/j.tourman.2018.04.001