26. Tagung der Thunfisch-Kommission für den Indischen Ozean bringt keine Verbesserungen für Haie und Thunfisch
28. Mai, 2022
IOTC 2022
26. Tagung der Thunfisch-Kommission für den Indischen Ozean bringt keine Verbesserungen für Haie und Thunfisch
Die 26. Tagung der IOTC-Kommission fand im Mai auf den Seychellen zum ersten Mal seit der Pandemie wieder als Präsenzveranstaltung statt und gab damit Grund zur Hoffnung, dass sich die Vertragsparteien (CPCs) endlich auf längst überfällige Maßnahmen zum Wiederaufbau der überfischten Bestände an Gelbflossenthun und ein Ende der Überfischung von Echtem Bonito, sowie auf Verbesserung für das Management von sog. Fischsammlern (FADs = drifting fish aggregating devices) einigen können würden. Fischsammler sind hierbei einer der Hauptursachen für die Überfischung von Gelbflossenthun, da diese Fangpraxis vor allem junge Thunfische betrifft – ebenso wie junge Seidenhaie.
© Dr. Iris Ziegler
Als Beobachter bei der IOTC haben wir die Kommission aufgefordert, die Krise der Haie im Indischen Ozean nicht länger zu ignorieren und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Überfischung der Haibestände endlich zu stoppen. Bis heute ist es ein Teufelskreis aus mangelnder Berichterstattung, die zu mangelndem Wissen und mangelnder Gewissheit über den Zustand der Haipopulationen im Indischen Ozean führt, was wiederum dazu führt, dass keine Managementmaßnahmen ergriffen werden und man immer nur eine verbesserte Berichterstattung fordert, die es aber nie gibt, wie auch die diesjährige Statistik mit ihrem erneuten Rückgang der Berichtung an geforderten Daten für die Haifänge (Res 17/05) zeigt. Diese sank von 56 % im Jahr 2020 weiter auf jetzt nur noch 44 %. In unserem Positionspapier und in einem mündlichen Beitrag während der Kommissionssitzung haben wir unserer Besorgnis über das Fehlen von angemessenen Haimanagementmaßnahmen innerhalb der IOTC Ausdruck verliehen, und zwar insbesondere mit Verweis auf
- Seidenhaie, eine in Anhang CITES II gelistete Art, die von der IUCN weltweit als gefährdet eingestuft wird und weltweit die zweithäufigste Art im Flossenhandel ist
- den Kurzflossen-Makohai, der weltweit bedroht ist, in Anhang II der CITES-Liste aufgeführt ist, im Nordatlantik aufgrund jahrzehntelanger Überfischung bereits am Rande des Zusammenbruchs steht und im Indischen Ozean aufgrund seiner hohen biologischen Anfälligkeit für Überfischung höchstwahrscheinlich eine ähnliche Entwicklung zu nehmen droht
- Blauhai als der weltweit am stärksten befischten Haiart, für die beim IOTC im Nachgang der Bestandsabschätzung im letzten Jahr keinerlei Managementmaßnahmen oder Fangbeschränkungen ergriffen wurden, obwohl ein klarer Auftrag hierfür eigentlich aus der Maßnahme 18/05 hervorgeht, dass nämlich Maßnahmen und Fangbeschränkungen zu treffen sind, um die langfristige Nachhaltigkeit der Fangaktivitäten zu gewährleisten. Auch wenn die Bestandsabschätzung zu dem Schluss kam, dass der Bestand noch nicht überfischt ist, warnte der Bericht jedoch gleichzeitig davor, dass bereits eine Erhöhung der derzeitig geschätzten Fangmenge um 20% zu einer Überfischung führen würde.
- die Notwendigkeit der Anwendung des Vorsichtsprinzips für das Management der Haifischbestände, insbesondere angesichts der unzureichenden Berichterstattung und der großen Unsicherheit über die Gesamtmortalität
- die unzureichenden Maßnahmen, die im IOTC zur Verhinderung des „Finning“ derzeit gelten, da Maßnahme 15/02 nur dann verlangt, dass alle Haie samt ihrer Flossen am Körper angelandet werden, wenn die Anlandung als Frischware und nicht als Tiefkühlware erfolgt, denn sofern Haie im gefrorenen Zustand angelandet werden sollen, darf nach wie vor das Abtrennen der Flossen bereits auf See erfolgen.
Obwohl dieses Jahr leider keinerlei Maßnahmen zum Schutz der Haie auf der Tagesordnung standen, konnte sich die Kommission aber noch nicht einmal bei den entscheidenden Themen zum Schutz der Thunfischbestände einigen.
Wieder einmal konnten keine Maßnahmen zu Echten Bonito, Gelbflossenthun und FADs verabschiedet werden, da die industriellen Thunfischflotten, darunter v.a. die EU, China und Taiwan nebst anderen Mitgliedsstaaten, die notwendige Fangreduzierungen ablehnten und Länder wie Madagaskar, die einzig für den Eigenbedarf fischen, dazu zwingen wollten ihre Fänge im gleichen Umfang, d.h. um den gleichen Prozentsatz zu reduzieren, wie sie selbst es tun müssten. Dieser Versuch scheiterte daher auch am Votum von mehreren Entwicklungsländern.
Der Wiederaufbau der Thunfischbestände ist von entscheidender Bedeutung, aber die für die heutige Überfischung verantwortlichen CPCs sollten nicht erwarten, dass jene Küstenstaaten, die auf Thunfisch als Nahrungsmittel angewiesen sind und nur wenige Tonnen pro Jahr fangen, die Fangreduzierungen im gleichen Umfang mit tragen, wie diejenigen Länder, die wie die EU 10,000 bis 100,000 Tonnen pro Jahr fangen.
Dazu zählen auch Länder wie die Malediven, die ausschließlich selektive Fangmethoden, nämlich Handangeln (Pole & Line) und Handleinen, verwenden, um Thunfisch fast ohne Beifang zu fangen und damit ihrer Bevölkerung ein gesichertes Einkommen ermöglichen wollen, würden hart von einer solch undifferenzierten Fangquotenreduktion getroffen, denn außer Thunfisch haben sie kaum ein anderes Exportgut.
Globale Gerechtigkeit ist Teil der 2030-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals = SDG) der Vereinten Nationen und das gilt auch für SDG 14 "Leben im Wasser". Daher sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass diejenigen Nationen, die die Hauptschuld für die heutige Überfischung und den Verlust an Artenvielfalt in unseren Ozeanen trifft, auch verpflichtet werden sollten, diese Probleme zu lösen. Dies gilt auch für die Verwendung von Fischsammlern, für die unbedingt ein verbindliches Verursacherprinzip ("Pollutor Pays Principle") werden sollte.
Wir sind sehr enttäuscht, dass auf der diesjährigen Jahrestagung erneut keine Einigung zu diesen wichtigen Vorschlägen erzielt werden konnte, und fordern daher alle Parteien auf, so bald wie möglich erneut zusammenzukommen und sich dann endlich auf Maßnahmen zu einigen, die sowohl wirksam als auch aus sozialökonomischen Gesichtspunkten gerecht sind. Wir dürfen jetzt keine Zeit mehr verlieren, wenn wir die Widerstandskraft der Ozeane für den Klimaschutz und die Ökosysteme im Indischen Ozean für die Ernährungssicherheit für diese und zukünftige Generationen wiederherstellen wollen.
Wir sind jedoch dabei auch der Meinung, dass ein Aufruf zum Boykott von Thunfisch aus dem Indischen Ozean deshalb nicht die beste Lösung ist. In jedem Fall muss aber der Handel Druck auf die IOTC und alle Mitgliedsstaaten ausüben, damit sie sich diese jetzt endlich schnell auf wirksame und sozial gerechte Maßnahmen einigen.
SHARKPROJECT fordert daher Einzelhändler und Verbraucher auf, keinen Thunfisch mehr zu beziehen oder zu kaufen, der im Indischen Ozean mit Ringwadennetzen und Verwendung von Fischsammlern (dFADs) gefangen wurde. Denn es sind v.a. diese im Ozean herumtreibenden Flöße mit ihren langen Netztrossen unter der Wasseroberfläche, die mit Sicherheit keine nachhaltige Fangpraxis darstellen und große Mengen an Beifang von jungen Thunfischen und Haien verursachen und zudem für den Tod vieler bedrohter Meeresbewohner verantwortlich sind, die sich immer wieder in diesen langen Konstruktionen verfangen, da diese Konstruktionen oftmals noch aus Netzen oder Gewebe bestehen, in dem sich Meeresbewohner unbemerkt verfangen und in folge davon sterben. Daher sollte z.B. Thunfisch von John West oder von Princess vorerst nicht mehr als Option in Betracht kommen, oder anders ausgedrückt, wenn Thunfisch aus dem Indischen Ozean, dann bitte ausschließlich solchen Thunfisch, der mit der Hand gefangen wurde, also mit Angeln oder Handleinen.
Und dabei darf es keinesfalls ein Ausweg sein, sich auf MSC-zertifizierten Thunfisch aus dem Indischen Ozean zu verlassen, denn auch dieser wird mit Ringwadennetzen gefangen, also jener Fangmethode, die ursächlich für die Überfischung von Gelbflossenthun und Echtem Bonito verantwortlich ist, und v.a. von den europäischen Flotten massiv eingesetzt wird - vom MSC aber ungeachtet aller Kritik nach wie vor zertifiziert wird, wie unlängst in unserem Blog verdeutlicht.