Forschung an künstlichem Kelp zum Schutz von Hai und Mensch
SharkSafe Barrier
In den letzten Jahren und Jahrzehnten haben reißerisch aufgebauschte Medienberichte über Haiattacken auf Menschen zu einer großen Verunsicherung in der Bevölkerung geführt. Um dieser Verunsicherung entgegenzuwirken, sahen sich die verantwortlichen Regierungen in der Vergangenheit veranlasst, immer mehr Küstenabschnitte mit Haifischnetzen und Fangleinen zu sichern, um die Haie von der Annäherung an die Küste abzuhalten.
Diese Sicherheitsmaßnahmen führen jedoch nicht nur zum sinnlosen Tod verschiedener Haiarten, sondern töten auch unzählige andere Meerestiere, darunter geschützte und stark gefährdete Arten wie Schildkröten, Delfine und Walkälber.
Nach vorherrschender Expertenmeinung ist ein solcher "Schutz" vor Haien grundsätzlich nicht notwendig. Obwohl der Mensch immer weiter in den Lebensraum dieser Tiere eindringt, gibt es erstaunlich wenige schwere Zwischenfälle. Die ISAF meldet pro Jahr nur sehr wenige Haiangriffe mit schweren oder gar tödlichen Folgen für den Menschen. Dennoch hält die unbegründete Angst vor Haien an und die zweifelhaften Schutzmaßnahmen werden fortgeführt oder sogar ausgebaut. In erster Linie dienen diese Maßnahmen jedoch vor allem der Beruhigung der Bevölkerung.
Projekt
Bei der SharkSafe Barrier (SSB) handelt es sich um eine Abwehrvorrichtung gegen Haie, die in Aufbau und Form einer großen Braunalgenart — dem Kelp — ähnelt und im Inneren mit Permanentmagneten bestückt ist.
Die SSB wird unter Wasser angebracht und hält die Haie von den betroffenen Küstenabschnitten fern, sodass es zu keiner Konfrontation mit Menschen kommen kann. Hierbei ist die SSB überaus tierfreundlich und verhindert ein sinnloses Sterben der Meeresbewohner.
Die SSB wurde bislang erfolgreich mit Großen Weißen Haien, Tiger- und Bullenhaien unter wissenschaftlichen Bedingungen getestet. Andere Tierarten wie Fische oder Schildkröten werden durch die SSB nicht beeinträchtigt.
Im Gegenteil, die SSB hat sich für viele Fische binnen kürzester Zeit zu einem neuen Lebens- und Schutzraum entwickelt. Mit einem weiteren Test auf Neukaledonien soll nun der endgültige Beweis erbracht werden, dass die SSB alltagstauglich und zuverlässig einsetzbar ist. Ein erfolgreicher Test würde die zuständige Verwaltung motivieren, in den von Zwischenfällen mit Haien besonders betroffenen Überseeregionen La Réunion und Neukaledonien die Errichtung von SSB-Anlagen in Betracht zu ziehen und den Ausbau voranzutreiben.
© Dr. Sara Andreotti
Ziel
- Den Verantwortlichen soll eine Alternative zu den bisher verwendeten Abwehrmaßnahmen angeboten werden.
- Sie sollen durch erfolgreiche Studien vom Einsatz von SSB überzeugt werden.
- Das sinnlose Töten von Haien und anderen Meerestieren soll gestoppt werden.
© Daniel Bothelo
Ort
- Das Projekt wurde bereits in unterschiedlichen Ländern getestet. Erste Versuche mit Magneten fanden auf den Bahamas statt.
- Zurzeit wird die SSB versuchsweise in Südafrika und auf der Insel La Réunion eingesetzt.
- Als nächstes Projektziel ist geplant, die SSB auf Neukaledonien zu etablieren und die Verwendung an andere Länder heranzutragen.
© Dr. Sara Andreotti
Dauer
Das Projekt ist auf unbestimmte Zeit angelegt. Die SSB wird im Zuge dieses Projektes stetig weiterentwickelt und ausgeklügelter.
Wissenschaftler
- Sara Andreotti, Meeresbiologin, Stellenbosch University
- Conrad Matthee, Institutsleiter Biologie, Stellenbosch University
- Craig O’Connell, USA
© Dr. Sara Andreotti
Universitäten und Länder
Stellenbosch University, Südafrika
Förderer & Sponsoren
Die SSB wird durch viele andere Natur- und Tierschutzorganisationen finanziell gefördert. Die Förderungsbeiträge liegen dabei z. T. deutlich über den Summen, die von Sharkproject zur Verfügung gestellten werden. Sharkproject ist jedoch ein Förderer der ersten Stunde und hat bereits das Projekt von Dr. O`Connel zur Erforschung der Reaktion von Haien auf magnetische Felder – die den Grundstein zur Entwicklung der SSB gelegt haben – mit 10.000 Dollar gefördert.
Kosten
Beispiel: Testaufbau SharkSafe Barrier auf Neukaledonien (in südafrikanischen Rand)
Schon vorhanden: ZAR 610.000,00 (Anteilige Förderung von SHARKPROEJCT mit ZAR 160.000,00)
Offen: ZAR 890.000,00
© Denise Smolinsky
Downloads
Eine ganze Reihe wissenschaftlicher Artikel aus diversen Fachzeitschriften beschäftigen sich mit diesem Thema. Die meisten der Artikel sind kostenpflichtig, sodass wir hier nur die Links und Abstracts zur Verfügung stellen können.
https://doi.org/10.1016/j.ocecoaman.2019.104819
https://doi.org/10.1016/j.ocecoaman.2014.05.011
https://doi.org/10.1016/j.gecco.2014.10.008
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0022098114001671
Technische Informationen
Bei der Entwicklung der SSB wurden wissenschaftliche Erkenntnisse und naturnahe Beobachtungen kombiniert.
Der professionelle Haitaucher Maik Rutzen aus Südafrika beobachtete bei seinen Tauchgängen, dass junge Robben vor der Verfolgung durch Weiße Haie in Kelpwälder flüchteten.
Sobald der Kelp eine bestimmte Pflanzendichte hatte, folgten die Haie ihren potenziellen Opfern nicht mehr weiter in den Seetang hinein, sondern gaben die Verfolgung ganz auf und drehten ab.
Forschungen des amerikanischen Meeresbiologen Dr. Craig O'Connel führten zu der Erkenntnis, dass die empfindlichen Lorenzinischen Ampullen der Haie, welche elektromagnetische Felder wahrnehmen, diese Dichte ab einer bestimmten Entfernung als so unangenehm empfinden, dass sie sich starken Magneten weder nähern noch solche magnetischen Barrieren durchbrechen.
Durch die Kombination dieser beiden Erkenntnisse gelang es einem Forscherteam der Universität Stellenbosch, Rohrsysteme zu entwickeln, die in ihrem Aufbau dem Kelp gleichen.
Zusätzlich wurden diese Rohrsysteme mit Permanentmagneten ausgestattet. Selbst wenn sich hinter der Barriere verlockende Futterboxen mit der ansonsten unwiderstehlichen Lieblingsspeise Weißer Haie — fauliger Thunfisch — befanden, durchbrach kein einziger Weißer Hai die Barriere. Dies wurde in hunderten Stunden per Video dokumentiert.
Die Kombination aus dem scheinbar dichten Kelp und dem für sie sehr unangenehm wirkenden Magnetfeld scheint zu abschreckend auf die Tiere zu wirken.
Projektverlauf
2011-2012, Bahamas: Wirkung der Magnete auf Bullen- und Tigerhaie erfolgreich nachgewiesen
2012-2013, Südafrika: Test der notwendigen Kelpdichte erfolgreich
2015-2016, Südafrika: Test der SSB auf Wirksamkeit gegen Große Weiße Haie erfolgreich
2019-2021, La Réunion: Test der Wetterbeständigkeit der SSB bei extremer Wetterlage erfolgreich